Das Geburtshaus
„Speyerer Bürger haben der Familie Feuerbach und dem Bürgersinn ein Denkmal gesetzt (...) Viele Kräfte kamen zusammen, nicht um ein totes Denkmal, sondern um ein lebendiges Haus zu schaffen (...).
Dr. Christian Roßkopf in seiner Ansprache zum Richtfest am 28. Oktober 1973
Am 12. September 1829 wurde Anselm Feuerbach in diesem Haus geboren. Er verbrachte nur eine kurze Zeit seines Lebens in Speyer. 1836 trat der Vater eine Professorenstelle an der Freiburger Universität an, und die Familie zog aus.
Der Vater war 1825 nach Speyer gekommen, um als Lehrer am kaiserlichen Gymnasium zu unterrichten. Dort mietete er das um 1800 erbaute Haus in der Allerheiligenstraße, das für die damaligen Verhältnisse ein recht stattliches Domizil bot. Es lag am Rand der damals gerade 5.000 Einwohner zählenden Stadt.
Kurze, glückliche Zeit
In dem Haus in der Allerheiligenstraße gründete der junge Mann eine Familie und arbeitete an einem Buch zum „Vatikanischen Apoll", das ihn in der archäologischen Fachwelt bekannt machte. 1827 kam das erste Kind, Tochter Emilie, zur Welt; zwei Jahre später ein Sohn, der nach seinem Vater und Großvater ebenfalls Anselm getauft wurde. Noch im Kindbett erkrankte die Mutter Amalie an Tuberkulose, der sie ein halbes Jahr nach Anselms Geburt erlag. Die Kinder wurden nach Ansbach zu den Großeltern gebracht. Dort lernte der Witwer Henriette Heydenreich kennen, heiratete sie und holte sie und die Kinder zurück nach Speyer. Wenig später erhielt er den Ruf an die Freiburger Universität.
Die Wurzeln des berühmten Malers
Auch wenn Anselm Feuerbach nur wenig Zeit in Speyer verbrachte und später nie wieder hierher zurückkam, liegen im Feuerbachhaus doch seine Wurzeln. Hier lauschte er den Geschichten von griechischen Göttern, die ihm sein Vater erzählte; er tobte mit den Nachbarsjungen durch die Straßen, und seine ältere Schwester übte sich im Blumenmalen im Garten.
Gelehrtendomizil wird Mietshaus
Nachdem die Feuerbachs aus der Allerheiligenstraße ausgezogen waren, beherbergte das Mietshaus andere Familien. 1912 erwirbt es die Stadt Speyer. Erste Überlegungen, das Haus für kulturelle Zwecke zu nutzen, vereitelte der Erste Weltkrieg und die Wirren der Nachkriegszeit. Zum hundertjährigen Geburtstag von Anselm Feuerbach lässt die Stadt die noch heute am Eingangsbereich angebrachte Gedenktafel erneuern. Zu dieser Zeit leben drei Familien in dem Haus. Je zwei Zimmer teilen sich die meist fünfköpfigen Familien. Dennoch berichten Zeitzeugen von einer unbeschwerten Kindheit in dem Haus mit seinem Garten. Vielleicht liegt das an dem besonderen Flair des Anwesens, das schon hundert Jahre zuvor dem Maler und seiner Familie eine unbeschwerte Zeit schenkte.
Verfall und Rettung
1955/56 wird der Garten verkleinert, die Gartenmauer und damit auch ein Stück der alten Stadtmauer abgerissen und die „Feuerbachstraße“ angelegt In den 1960er Jahren verfiel das Haus zusehends, sodass der Stadtrat beschloss, es abreißen zu lassen. Die Bürgerinitiative, die sich daraufhin bildete, verhinderte die Umsetzung des Beschlusses und gründete den Verein Feuerbachhaus Speyer e.V., der das Haus zwischen 1970 und 1975 von Grund auf renovierte und um einen Anbau ergänzte.
Seitdem präsentiert sich das Feuerbachhaus mit seinem als lebendiges Zeugnis der biedermeierlichen Wohnkultur des frühen 19. Jahrhunderts und hat seinen festen Platz in der denkmalwürdigen Architektur Speyers.
Situation 1971
Fotos: Franz Klimm